Heilverfahren
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Epigallokatechingallat (EGCG)
EGCG ist eine Substanz, die aus dem grünen Tee gewonnen wird und bis zu 30% seiner Trockenmasse ausmacht. Die Teepflanze wird in China seit mindestens 6000 Jahren genutzt und ist in Asien eines der wichtigsten Alltagsgetränke. Im Gegensatz zum schwarzen Tee wird die Oxydation, also die Zersetzung der Blätter durch Sauerstoff, während des Trocknens durch Rösten, Dämpfen oder kurzes Erhitzen verhindert. So bleiben nahezu alle Inhaltsstoffe der frischen Pflanze erhalten.
Aus chemischer Sicht gehört EGCG zu den Katechinen und diese zu den so genannten Polyphenolen, die durch aromatische Ringstrukturen gekennzeichnet sind. Viele der sekundären Pflanzenstoffe, die gesundheitsfördernde Wirkung haben, gehören zu den Polyphenolen.
Seit Jahrzehnten ist bekannt, dass grüner Tee und damit EGCG eine Wirkung gegen Krebszellen hat. Wie kommt dieser Effekt zustande?
Betrachten wir zunächst einmal den epigenetischen Effekt. Darunter versteht man, dass zwar die gesamte Erbinformation in der DNA der Gene liegt, doch nur ein Bruchteil davon auch wirklich abgelesen wird. Das Ein- oder Abschalten von Genen hilft der Zelle, sich flexibel auf verschiedene Umweltbedingungen einzustellen. EGCG beeinflusst nun Gene, die krebshemmend und lebensverlängernd wirken1. Zum Beispiel zeigen diverse Studien, dass der tägliche Genuss von grünen 1 Tee oder entsprechenden Präparaten, das Risiko an Brustkrebs zu erkranken oder wiederzuerkranken senken kann.2
Ein weiterer Effekt betrifft den Toll-like-Rezeptor 4. Die Entdeckerin und spätere Nobelpreisträgerin Nüsslein-Vollhard war von den Einflussmöglichkeiten des Rezeptors in der Taufliege so begeistert, dass sie ihn mit dem deutschen Wort „toll“ bezeichnet. Leider bewirkt die Stimulierung dieses Rezeptors im Menschen wenig Tolles. Es werden nämlich vermehrt Entzündungsbotenstoffe ausgeschüttet und Krebszellen im Wachstum angeregt. EGCG hemmt nun, neben anderen Substan- zen, wie Curcumin, 6-Shogaol, Sulforaphan, den Toll-like Rezeptor 4 und damit das Wachstum von Tumorzellen.3
Eine für den Tumor wichtige Fähigkeit ist, Blutgefäße zu bilden. Krebszellen erreichen das über die Ausschüttung des blutgefäßbildenden Faktors VEGF. Dieses Molekül bzw. der dazugehörige Re- zeptor ist wichtiger Angriffspunkt moderner onkologischer Medikamente. EGCG hemmt die Ausschüttung von VEGF, reduziert damit die für den Tumor wichtige Blutgefäßversorgung und stimuliert gleichzeitig den natürlichen Zelltod (Apoptose). Der VEGF-Rezeptor gehört zu den Tyrosinki- nase-Rezeptoren, die für das schnelle und aggressive Wachstum von Krebszellen verantwortlich sind. Auch andere dieser Rezeptoren werden durch EGCG gehemmt.4
In Laborversuchen zeigt sich, dass EGCG eine Fülle von Rezeptoren und Stoffwechselwegen hemmt oder aktiviert und kommt damit der Wirkung von Curcumin gleich. So erniedrigt es die Proteinlevel von Bcl-2, Bcl-xl, xIAP, cIAP, NFκΒ, Hsp70 und Hsp90. Letztere sind Hitzeschockproteine und schützen die Krebszelle unter anderem vor der Auswirkung von Wärme. Dies macht die Kombination von EGCG mit Hyperthermie als Synergismus denkbar. Andere Proteine werden wie- derum erhöht, wie Bad, Bax, Fas/CD95, Cytochrome c, Apaf-1, AIF, GADD153, GRP78, und Caspase-3, -7,-8 and -9. Caspasen leiten den natürlichen Zelltod in Tumorzellen ein. Die Orchestrierung zwischen Hemmung und Stimulierung verschiedener Proteine führt zur Hemmung des Tumorwachstums oder zum Absterben von Krebszellen.5
Was macht Krebs so gefährlich? Es ist in erster Linie die Fähigkeit zu Metastasieren und lebenswichtige Organe zu befallen und zu zerstören. Interessanterweise bilden Krebszellen, die zur Metastasierung befähigt sind, einen spezifischen Rezeptor aus an den EGCG bindet, sozusagen ein Grüner-Tee-Rezeptor, und der bei Blockierung die Metastasierungsfähigkeit der Tumorzellen einschränkt oder verhindert. Damit ist es neben dem Naturstoff Amygdalin, die einzige Substanz, die Streuung des Tumors verhindern kann.6
Und was macht Krebszellen so schwer angreifbar? Es sind die sich langsam teilenden Tumor- stammzellen, die resistent gegen Chemotherapeutika sind, weil diese nur sich teilende Zellen angreifen können. Erfreulicherweise gibt es bei den Natursubstanzen eine Fülle, die Stammzellen vernichten können. Neben dem EGCG ist es Curcumin, Resveratrol, 6-Shogaol, Sulphoraphan und Indol-3-Carbinole die beide u.a. im Brokkoli vorkommen.7
Wie bei anderen Natursubstanzen gibt es auch bei EGCG Bedenken, es könnte Chemotherapeutika in ihrer Funktion hemmen. Tatsächlich ist es aber bei einer Vielzahl von Zytostatika in der Lage, diese in ihrer Wirkung zu verbessern und stellt somit einen Chemosensitizer, also einen Stoff, der Tumorzellen gegen Chemotherapeutika macht, dar.8 Einzig der bei dem sogenannten 8 Multiplen Myelom eingesetzten Proteaseinhibitor Bortezomib wird durch grünen Tee in der Wirk- samkeit eingeschränkt.9
Aufgrund der Beeinflussung vieler Rezeptoren und Stoffwechselwege in der Tumorzelle wirkt EGCG zumindest im Zell- und Tierversuch gegen eine Vielzahl von Tumoren, wie Brust-, Darm-, Eierstock-, Bauchspeicheldrüsen und Prostatakrebs. Bei gutartigen Gewebsvermehrungen, wie Endometriose oder Myomen ist EGCG ebenfalls wirksam.10 Auch gegen Glioblastomzellen, Zellen eines bösartigen Hirntumors, gegen den die Schulmedizin kaum wirksame Methoden hat, scheint EGCG effektiv zu sein.11
Neben seinen vielfältigen Effekten bei Krebs hat EGCG auch positive Effekte auf andere Leiden, wie neurodegenerative und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Auch Diabetes scheint er positiv beeinflussen zu können. Unter anderem steigt der Blutzuckerspiegel nach einer Mahlzeit um 50% weniger an, wenn dazu grüner Tee genossen wird.12
Im Gegensatz zu z.B. Curcumin oder 6-Shogaol ist EGCG eine Substanz, die wasserlöslich ist und dadurch besser resorbiert wird. Es kann deshalb auch gut oral zugeführt werden. Bei der Zubereitung von grünem Tee ist zu beachten, dass das Wasser nicht mehr kochen (ca. 80°C) und der Tee etwa 5 Minuten ziehen sollte. Um eine vorzeitige Oxidation zu verhindern, ist eine Zugabe von etwas Vitamin C Pulver sinnvoll. Seit einigen Jahren steht EGCG auch als Infusion zur Verfügung. Damit lassen sich selbstverständlich höhere Wirkspiegel und bessere Effekte als bei rein oraler Darreichung erzielen. Da in hohen Dosierungen, die man durch Teetrinken niemals erreicht, Leberwerte ansteigen können, ist eine Blutkontrolle bei der Infusionstherapie sinnvoll.
Fazit: EGCG aus dem grünen Tee stellt eine wirksame Bereicherung für die komplementäre und alternative Krebsmedizin dar und ist auch zur Vorbeugung einer Vielzahl von Krankheiten geeignet.
Fußnoten:
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